Schreien, wüten, toben – Trotzreaktionen bei Kindern

Wenn dein Kind schreit, tobt und wütet, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich dabei um eine Trotzreaktion handelt. Wie du dich dabei optimal verhältst und wie du deinem Kind in solchen Situationen am besten helfen kannst, erfährst du im folgenden Artikel.

Wenn dein Kind plötzlich schreit und wütet

Sebastians Mutter ist mit ihrem Latein und auch mit ihren Nerven am Ende: Schon wieder schreit und tobt Sebastian, stampft mit seinen Füßen auf den Boden und brüllt wie am Spieß. Und das alles scheinbar ohne Auslöser. Diesmal ist es Anette, Sebastians Mutter, besonders peinlich, denn die beiden sind gerade in einem Supermarkt unterwegs. Begonnen haben diese Wutanfälle etwa ein halbes Jahr nach Sebastians zweitem Geburtstag. Seitdem gehören sie für ihn und seine Eltern mehr oder weniger zum Alltag. Doch Anette und ihr Partner Johannes wollen ihrem kleinen Sohn endlich in diesen für alle belastenden Situationen helfen und sich von dem damit verbundenen Stress befreien. Damit dies gelingt, muss zuallererst den Ursachen für derartige Trotzreaktionen auf den Grund gegangen werden.

Trotzreaktionen bauen sich langsam auf

 Kinder leiden unter ihnen und Eltern werden von ihnen schier zur Verzweiflung gebracht: Die Rede ist von Trotzanfällen. Etwa ab der Mitte des zweiten Lebensjahres treten diese für alle Beteiligten in der Regel äußerst unangenehmen Erscheinungen plötzlich auf und bringen den Alltag vieler Familien gehörig durcheinander. Dabei sind Trotzreaktionen keinesfalls spontane Erscheinungen, sondern sich langsam anbahnende Ausbrüche von angestauten Gefühlen. Bei diesen handelt es sich in der Regel um Frustration, Angst, Sorge und auch Enttäuschung, die ab einer gewissen Intensität schließlich dazu führen, dass deinem Kind die sprichwörtlichen Sicherungen durchbrennen und es sich kaum mehr beruhigen lässt. Und genau darin liegt auch der Unterschied zu einfacher Wut. 

Eltern verstehen Trotzanfälle häufig fälschlicherweise als Böswilligkeit oder als Reaktion auf ein falsches Verhalten.

Da eine Trotzreaktion oft ein Ausdruck angestauter Gefühle ist, kannst du lernen, die Anzeichen für einen Wutanfall rechtzeitig zu erkennen. Beobachte dein Kind genau und achte auf Änderungen in seinem Verhalten vor einer typischen Trotzreaktion. Mit der Zeit bist du in der Lage, Situationen richtig zu deuten und somit bereits im Vorfeld beruhigend auf dein Kind einzuwirken. 

Das steckt hinter den Trotzreaktionen deines Kindes

Viele Eltern verstehen die Trotzanfälle ihres Kindes fälschlicherweise als Böswilligkeit oder als Reaktion auf ein falsches elterliches Verhalten. So haben sich auch Anette und Johannes anfangs Vorwürfe gemacht und die Ursache für Sebastians Wüten und Toben bei sich gesucht. Diese liegen jedoch im Kind selbst. Die grundlegendste Ursache für kindliche Trotzanfälle sind meist enttäuschte Erwartungen. Ist dein Kind nicht dazu in der Lage, etwas zu tun, was es gerne tun möchte oder fallen tägliche Rituale plötzlich aus, führt diese Enttäuschung zu starken inneren Konflikten, die mit Angst und Frustration einhergehen. Bezeichnend hierfür ist, dass Trotzanfälle typischerweise im Alter zwischen zweieinhalb und drei Jahren auftreten. In dieser Entwicklungsphase sind die Fähigkeiten des Kindes meist noch nicht so gut ausgebildet, dass es seine Wünsche problemlos ausdrücken oder gar in die Tat umsetzen könnte – die perfekten Voraussetzungen für Frustration. Mit zunehmender Entwicklung von Sprache und sonstigen Fähigkeiten lassen auch die Trotzanfälle allmählich wieder nach. 

Ein Wirbelsturm aus Gefühlen – das geht während einer Trotzreaktion in deinem Kind vor

Was von außen heftig aussieht, ist auch im Inneren ein regelrechter Wirbelsturm der Gefühle: Wütet, schreit und tobt dein Kind, wirft es sich wie von Sinnen auf den Boden und rennt es vielleicht ziellos durch die Wohnung, drückt es damit seine momentane Hilflosigkeit aus, in der es von seinen Gefühlen übermannt ist. Dabei wird es vollkommen von seinem Zorn überwältigt und weiß nicht, wie es mit diesem umgehen soll. Gleichzeitig gefangen in seiner inneren Welt und nicht fähig, seiner Gefühle Herr zu werden und diese adäquat auszudrücken, sieht es sich diesen hilflos ausgeliefert. Die Folge: eine Trotzreaktion. Lernt das Kind mit zunehmendem Alter, besser mit seinen Gefühlen umzugehen und auch seine Wünsche klarer auszudrücken und umzusetzen, nehmen daher auch die Trotzanfälle meist signifikant ab. 

Trotzanfälle äußern sich völlig unterschiedlich

Manchmal wirft sich Sebastian schreiend und wild um sich schlagend auf den Boden. Ein anderes Mal rennt er wie verrückt durch die Wohnung, stößt dabei an Möbelkanten und wirft wahllos Gegenstände um. Sebastians Eltern wissen: Keine Trotzreaktion gleicht der anderen. Auch von Kind zu Kind bestehen große Unterschiede. Einige Kinder schaffen es sogar, ihren Eltern richtig Angst zu machen. Sie brüllen nicht nur so lange und laut, bis sie heiser werden, sondern sogar, bis sie sich übergeben müssen oder nicht mehr atmen können. Andere halten hingegen die Luft so lange an, bis sie grau im Gesicht anlaufen. Aber keine Angst: Die Reflexe des Körpers verhindern im Normalfall, dass sich dein Kind auf diese Weise schädigt. Sehr wohl kann sich dein Kind jedoch verletzen, wenn es vor Wut außer sich ist. Darüber hinaus laufen auch die Umstehenden Gefahr, vom kleinen Wüterich getreten und geboxt zu werden. 

Das kannst du bei Trotzreaktionen tun

Du kannst sowohl vorbeugend als auch in Akutsituationen positiv auf dein Kind einwirken. Am besten gelingt dir das mit folgenden Tipps:

  • Sorge dafür, dass dein Kind altersgemäße Erfahrungen machen und seine kindliche Neugier ausleben kann. 
  • Gib fixe Regeln vor und setze deinem Kind sinnvolle Grenzen, auf die es sich verlassen kann. 
  • Lass ein Nein ein Nein sein – erkläre deinem Kind jedoch ruhig und verständlich, warum du Nein sagst. 
  • Sprich keine unsinnigen Verbote aus. 
  • Wenn du deinem Kind einen Wunsch abschlägst, erkläre ihm, warum du dies tust. Handele mit ihm gleichzeitig auch Alternativen aus. 
  • Überrumpele dein Kind nicht wie aus heiterem Himmel mit Veränderungen. Gib ihm vielmehr Gelegenheit, sich auf diese einzustellen, indem du sie frühzeitig ankündigst. 
  • Ärgert sich dein Kind offensichtlich über etwas, versuche seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken. 
  • Schenke einem Trotzanfall deines Kindes nicht mehr Beachtung als unbedingt notwendig – vorausgesetzt natürlich, dass dein Kind nicht Gefahr läuft, sich dabei zu verletzen. 
  • Bleibe gelassen und immer in der Nähe deines Kindes. 
  • Bestrafe dein Kind nicht und zeige ihm auch nicht, dass du sein Verhalten ablehnst. 
  • Versuche nicht, die Trotzreaktionen deines Kindes zu beenden, indem du zuvor ausgesprochene Verbote brichst. Sonst nimmt dich dein Kind möglicherweise als inkonsequent wahr und lernt, dass es dich mit seinem Wutanfall umstimmen kann. 
  • Nimm dein Kind auf dem Gipfel seiner Wut einfach einmal in den Arm und halte es tröstend fest, auch wenn es sich zunächst sträubt. Manchmal fallen dann alle Widerstände plötzlich von deinem Kind ab und es wird spürbar ruhiger und friedlicher. 
  • Nach einem Trotzanfall solltest du versuchen, mit deinem Kind über seine Gefühle während des Anfalls zu sprechen. 

Mit diesen Tipps ist es auch Anette und Johannes gelungen, Sebastians Trotzreaktionen viel besser in den Griff zu bekommen. Mittlerweile merken sie genau, wenn sich wieder eine Trotzreaktion anbahnt. Dementsprechend wirken sie dann beruhigend auf Sebastian ein. Und sollten sich seine Gefühle dennoch in einem Trotzanfall entladen, können sie nun auch mit diesem richtig umgehen. 

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